Allgemein zugängliche Ladeinfrastruktur realisieren

Besonders Mieterinnen und Mieter in Mehrfamilienhäusern ohne private Parkmöglichkeit sind darauf angewiesen, dass in der Gemeinde allgemein zugängliche Ladepunkte vorhanden sind. Ein bedarfsgerechter Ausbau ermöglicht somit den Zugang zur Elektromobilität für alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde.

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Als Standorte für Ladepunkte im öffentlichen Raum kommen neben allgemein zugänglichen Parkplätzen auf öffentlichem Grund auch Parkplätze auf privatem Grund infrage. Abhängig von verfügbaren Ladeplätzen und der verkehrlichen Anbindung lassen sich verschiedene Ladebedürfnisse befriedigen. Erfolgsversprechend ist ein Mix aus Schnellladehubs, Langsam-Ladern im Quartier und Laden am Zielort (z. B. auf Parkplätzen von Geschäften oder Park and Ride-Flächen). Auf Basis ihrer Elektromobilitätsstrategie, respektive den Ladebedarfsszenarien kann die Gemeinde die unterschiedlichen Ladebedürfnisse identifizieren.

Ladebedürfnisse

Grundsätzlich lassen sich die Ladebedürfnisse an allgemein zugänglichen Standorten in folgende Kategorien einteilen:

In der Regel wird an Ladestandorten im Quartier (auf öffentlichem Grund) über Nacht mit 11 kW AC geladen. Folglich sind hier wenige Ladevorgänge pro Tag zu erwarten. An geeigneten Standorten ist tendenziell mit tiefen Investitionskosten zu rechnen, allerdings auch mit einem begrenzten Ladevolumen und einer tiefen Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden. Bei Standorten mit besonders hoher Nachfragedichte, können auch höhere Ladeleistungen (DC-Schnelllader) möglich sein, mit entsprechend kürzeren Standzeiten und mehr Ladevorgängen. Dies geht allerdings auch mit höheren Investitionskosten einher.

Ein typischer Aufenthalt an Zielorten wie Einkaufszentren, Fitness-Studios oder Restaurants dauert von weniger als einer Stunde bis ca. drei Stunden. Bei längeren Standzeiten sind in der Regel 11 kW AC-Ladepunkte zielführend. Bei kürzeren Standzeiten und hoher Nachfrage bieten sich DC-Schnelllader an. Die Netzerschliessungskosten können hier je nach Standort die Investitionskosten stark treiben.

Bei Schnellladepunkten steht der Ladevorgang im Vordergrund, nicht das Parkieren oder eine parallele Aktivität. Daraus ergeben sich kurze Ladezeiten und viele Ladevorgänge pro Tag. Typischerweise betragen die Leistungen hier zwischen 150 kW und 350 kW DC. Die damit verbundenen hohen Netzerschliessungskosten führen auch zu höheren Investitionskosten. Allerdings ist von einer höheren Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden auszugehen.

Machbarkeit

In der Machbarkeitsphase definiert die Gemeinde ihre Rolle, prüft die Machbarkeit, wählt Standorte aus und erstellt die vorläufigen Elektro- und Baupläne.

Nach Abschluss dieser Phase liegt folgendes vor:

  • Ein Betreibermodell, das die Finanzierung der Basisinfrastruktur, der Ladeinfrastruktur und den Betrieb der Ladeinfrastruktur klärt und im Einklang mit der Elektromobilitätsstrategie politisch breit abgestützt ist.

Diese Phase orientiert sich an der Phase 1 «Strategische Planung» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112).

Was legt das Betreibermodell fest?

Eine Gemeinde oder Stadt kann sich in unterschiedlichem Umfang am Aufbau der allgemein zugänglichen Ladeinfrastruktur beteiligen. Wichtig ist, dass das Betreibermodell aus Sicht der Gemeinde oder Stadt klar definiert ist. Das Betreibermodell legt fest:

  • Wer die Ladestandorte definiert,

  • wie die Basisinfrastruktur finanziert wird,

  • wer die Finanzierung der eigentlichen Ladestationen übernimmt,

  • wer die Ladeinfrastruktur betreibt,

  • wer die Preismodelle und Preise festlegt und

  • wie die Beziehungen zwischen den involvierten Akteuren geregelt werden.

Betreibermodelle für Gemeinden und ihre Vor- und Nachteile

Aus den verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzierung ergeben sich für die Gemeinde drei Betreibermodelle. Diese weisen Vor- und Nachteile auf, die es für jede Gemeinde individuell zu gewichten gilt.

Die Gemeinde kann durch das Vorbestimmen der Standorte die Grundlage schaffen, um den Ladebedarf gesamtheitlich abzudecken. Idealerweise trifft sie im Voraus bereits eine Auswahl geeigneter Standortpakete, um bei Anfragen von privaten Ladestationsbetreibern ein «Rosinenpicken» zu verhindern. Ebenfalls ermöglicht dieses Vorgehen der Gemeinde sicherzustellen, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur kostengünstig erfolgt und nicht zu verkehrspolitischen Zielkonflikten führt.

Variante A: Der Aufbau wird dem freien Markt überlassen

In diesem Betreibermodell überlässt die Gemeinde die Finanzierung der Basis- und Ladeinfrastruktur vollständig dem Markt. Sie reagiert auf Anfragen privater Ladestationsbetreiber für die Erstellung von Ladestandorten.

Vorteile

  • Die Gemeinde muss keine Investitionen tätigen und trägt kein finanzielles Risiko.

  • Die Ladestandorte sind wirtschaftlich attraktiv.

  • Die Ladestandorte werden zeitnah realisiert.

Nachteile

  • Die Finanzierung der Basisinfrastruktur ist für private Betreiber nur an wirtschaftlich sehr attraktiven Standorten sinnvoll.

  • Ein flächendeckender Ausbau in der Gemeinde ist unwahrscheinlich.

  • Die hohen Kosten für Netzanbindung und Basisinfrastruktur werden zugunsten einer kurzen Amortisationsdauer auf hohe Ladetarife umgelegt, was die Attraktivität des allgemein zugänglichen Ladens mindert.

  • Es entstehen mögliche Konflikte mit verkehrspolitischen Zielen (z. B. höheres Verkehrsaufkommen).

Variante B: Gemeinde und private Betreiber teilen die Finanzierung

Die Gemeinde stellt öffentlichen Grund für Ladestationen bereit und unterstützt den Aufbau auf privatem Grund. Sie finanziert die Basisinfrastruktur während private Ladestationsbetreiberinnen die Kosten für die Ladeinfrastruktur übernehmen. Investitionen der Gemeinde kann sie durch Konzessionszuschläge und Standortmieten refinanzieren. Privaten Besitzerinnen und Besitzern von Parkflächen steht die Gemeinde koordinierend zur Seite, indem sie Wissen und Kontakte vermittelt.

Vorteile

  • Ein flächendeckender, bedarfsgerechter Ausbau der allgemein zugänglichen Ladeinfrastruktur gewährleistet den Zugang zur Elektromobilität für alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde.

  • Investitionskosten für Netzanbindung und Basisinfrastruktur können unabhängig von der Ladeinfrastruktur über eine angemessen lange Frist abgeschrieben werden. Dies senkt die Kosten, ermöglicht attraktivere Ladetarife und steigert die Attraktivität des allgemein zugänglichen Ladens.

  • Die Gemeinde besitzt die Basisinfrastruktur auf öffentlichem Grund und kann Ladestandorte nach Ablauf der Konzession einfacher neu vergeben.

  • Durch die Standortwahl und Dimensionierung kann die Gemeinde verkehrspolitische Zielkonflikte verhindern.

Nachteile

  • Langfristige Investitionen sind notwendig seitens Gemeinde.

  • Es besteht ein kalkulierbares Risiko von finanziellen Verlusten bei unzureichender Refinanzierung.

  • Die Erträge des Ladegeschäfts gehen primär an private Betreiber.

Variante C: Die Gemeinde finanziert alles selbst

Die Gemeinde plant und finanziert die Ladestandorte auf öffentlichem Grund vollständig und unterstützt den Aufbau auf privatem Grund, indem sie privaten Besitzerinnen und Besitzern von Parkflächen Wissen und Kontakte vermittelt.

Vorteile

  • Da die Gemeinde alles selbst in der Hand hat, kann sie einen flächendeckenden, bedarfsgerechten Ausbau der allgemein zugänglichen Ladeinfrastruktur gewährleisten und so allen Einwohnerinnen und Einwohnern den Zugang zur Elektromobilität ermöglichen.

  • Die Erträge des Ladegeschäfts gehen an die Gemeinde.

  • Durch die Standortwahl und Dimensionierung kann die Gemeinde verkehrspolitische Zielkonflikte verhindern.

Nachteile

  • Hohe Investitionen in die Realisierung und laufende Kosten für die Bewirtschaftung fallen für die Gemeinde an.

  • Es besteht ein erhöhtes finanzielles Risiko im Vergleich zu den anderen Betreibermodellen.

  • Der Aufbau der Ladeinfrastruktur liegt normalerweise nicht im Kompetenzbereich der Gemeinde und kann zu Ineffizienz und daher hohen Ladetarifen führen. Das mindert die Attraktivität des allgemein zugänglichen Ladens.

  • Mangelnde Abstimmung mit privaten Initiativen kann zu Fehlinvestitionen führen und privates Engagement unterdrücken.

Die Ladeinfrastruktur kann in allen genannten Betreibermodellen durch einen externen Ladestationsbetreiber oder das eigene Elektrizitätswerk betrieben werden. Auch ein Betrieb durch die Gemeinde ist in allen Betreibermodellen denkbar, aber aufgrund des weniger effizienten Ablaufs nicht zu empfehlen.

Wer definiert die Ladestandorte?

Der Aufbau von allgemein zugänglicher Ladeinfrastruktur in einer Gemeinde oder Stadt kann auf privatem oder auf öffentlichem Grund erfolgen.

Grundsätzlich sollte die Gemeinde vor allem dort tätig werden, wo es private Ladestationsbetreiber, Geschäfte, Arbeitgeber, Immobilienbesitzer etc. nicht sein werden. Gemeinden sollten hierbei die regelmässige Kommunikation und Koordination mit privaten Akteurinnen und Akteuren suchen, um gezielt die Lücken im Ladeangebot zu schliessen.

Im Idealfall prüft eine Gemeinde oder Stadt vorab, ob potenzielle Ladestandorte auf öffentlichen Parkplätzen überhaupt geeignet sind. So kann sie Standorte mit hohem Ladepotenzial frühzeitig identifizieren und hat eine Basis, um auf Anfragen von privaten Ladestationsbetreibenden zu reagieren. Die Ladekonzepte bzw. Dimensionierung je Standort und die Auswahl geeigneter Standorte erfolgt in Phase 2.1 und 2.2 (siehe weiter unten).

Wie wird die Basisinfrastruktur finanziert?

Um ein flächendeckendes Angebot an Ladeinfrastruktur für Steckerfahrzeuge zu schaffen, kann eine Gemeinde oder Stadt die Basisinfrastruktur der Ladestandorte vorfinanzieren. Dazu gehört die Stromzuleitung zu den Parkplätzen, Stromzähler sowie weitere Verkabelungen für die Kommunikation. Es fallen also Kosten für die Netzerschliessung und den Tiefbau an. Diese Variante reduziert den Kostendruck der Ladestationsbetreiber und berücksichtigt die lange Amortisationsdauer. Die dabei entstehenden Kosten kann die Gemeinde oder Stadt über eine Standortmiete und / oder Konzessionsgebühren refinanzieren. Der Netzanschluss und die Verkabelung auf öffentlichem Grund bleiben dabei im kommunalen Eigentum. Die finanzielle Beteiligung der Gemeinde oder Stadt ermöglicht ein attraktiveres Ladegeschäft für die Ladestationsbetreiber. Das wiederum macht es wahrscheinlicher, dass ein flächendeckendes Angebot an Ladeinfrastruktur entsteht und Nutzende von attraktiveren Ladetarifen profitieren. An lukrativen Standorten sind Ladestationsbetreiber bereit, auch die Basisinfrastruktur zu finanzieren. An weniger attraktiven Standorten steigen die Kosten und die Bereitschaft einer Vollfinanzierung sinkt. Daher sollten Gemeinden bevorzugt mehrere Standorte gemeinsam als Paket planen. Auf diese Weise können sich attraktive und weniger attraktive Standorte hinsichtlich der Kosten ausgleichen und es entsteht ein flächendeckendes und finanziell tragfähiges Angebot an Ladeinfrastruktur.

Wer finanziert die Ladestationen?

Die Finanzierung der Ladestationen kann durch den Ladestationsbetreiber, oder direkt durch die Gemeinde erfolgen. Die Investitionen in die Ladestationen amortisieren sich über 8 bis 12 Jahre, also deutlich schneller als die Investitionen in die Basisinfrastruktur. Ladestationsbetreiber sind in der Regel bereit, die Finanzierung zu übernehmen und über das Ladegeschäft zu refinanzieren. Entscheidet sich die Gemeinde, die Ladestationen zu finanzieren, aber nicht selbst zu betreiben, kann sie mit den Betreibern eine Standortmiete und / oder Konzessionsgebühr vereinbaren.

Wer betreibt die Ladeinfrastruktur?

Professionelle Ladestationsbetreiber können den Betrieb der Ladeinfrastruktur effizienter erbringen als Gemeinden oder Städte. Die Betriebskosten – und je nach Betreibermodell die Investitionskosten – finanzieren sie direkt über die Ladetarife.

Der Betrieb der Ladeinfrastruktur kann, im Rahmen einer Direktvergabe, auch das gemeindeeigene Elektrizitätswerk übernehmen.

Nach Abschluss dieser Phase liegt eine Machbarkeitsstudie mit folgenden Inhalten vor:

  • Auflistung potenzieller Ladestandorte

  • Ladekonzept bzw. Dimensionierung je Ladestandort

Diese Phase orientiert sich an der Phase 21 «Projektdefinition, Machbarkeitsstudie» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112).

Räumlich verteilten Ladebedarf detailliert prüfen

Um geeignete Ladestandorte zu bestimmen und zu dimensionieren, sollte die Gemeinde prüfen, wo genau Ladebedarf besteht, wie hoch dieser ausfällt und wie er sich entwickelt. Beispielsweise gilt es herauszufinden, in welchen Quartieren ein hoher Bedarf an allgemein zugänglichen Ladepunkten besteht oder wo sich besonders attraktiv gelegene Parkplätze fürs Laden am Zielort befinden.

Für kleinere Gemeinden mit wenigen potenziellen Standorten ist es ausreichend, auf Grundlage der Ladebedarfsszenarien abzuschätzen, wie viele allgemein zugängliche Ladepunkte notwendig sind und diese im nächsten Schritt mit den potenziellen Standorten abzugleichen.

Für die detaillierte Aufbereitung des räumlich verteilten Ladebedarfs sollten sich die Gemeinden hingegen Unterstützung durch Beratungs- und Planungsbüros holen. Das Praxisbeispiel der Stadt Kreuzlingen zeigt, welche Erkenntnisse eine solche Machbarkeitsstudie bringen kann.

Ladestandorte prüfen

Die Gemeinde kann potenzielle Parkplätze und Flächen für allgemein zugängliche Ladeinfrastruktur auf ihre Eignung prüfen. Besonders geeignet sind Ladestandorte, die sich dort befinden, wo die Nutzerinnen und Nutzer ohnehin parkieren. Das vermeidet zusätzlichen Verkehr.

Wichtige Faktoren sind dabei die Verweildauer, Frequenz und Nachfrage am Standort, die technische Machbarkeit und Ausbaumöglichkeiten. So kann die Gemeinde sicherstellen, dass Standorte für Nutzende attraktiv sind und den entsprechenden Ladebedarf decken. Zusätzlich kann sie Standorte ausschliessen, für die mit sehr hohen Erschliessungskosten zu rechnen ist oder die über unzureichende Verteilnetz- und Netzanschlusskapazitäten verfügen.

Dimensionierung der Ladeinfrastruktur abschätzen

Für die identifizierten Ladestandorte gilt es, die Ladeinfrastruktur grob zu dimensionieren. Dies ist zentral, um die Kosten für die Basisinfrastruktur und die Netzerschliessung gut abzuschätzen. Ein Ladekonzept je Standort zeigt, welche der Ladebedürfnisse (Laden im Quartier, Laden am Zielort und Schnellladen) mit welchen Ladeoptionen (AC-Langsamlader oder DC-Schnelllader) bedient werden können. Abhängig von Ladeaufkommen, Aufenthaltsdauer und verfügbaren Parkplätze nimmt die Gemeinde je Standort eine geeignete Dimensionierung der Ladeinfrastruktur vor. Für diese Arbeiten kann sich die Gemeinde Unterstützung bei einem Beratungs- oder Ingenieurbüro einholen.

Weitere Infos bietet der Leitfaden «Die ersten Schritte auf dem Weg zur Ladeinfrastruktur. Eine Anleitung für Machbarkeitsstudien in Gemeinden».

Nach Abschluss dieser Phase liegt folgendes vor:

  • Kostenschätzung je Standort

  • Planerfolgsrechnung für verschiedene Betreibermodelle

  • Beurteilung zur Machbarkeit der Ladeinfrastruktur mit dem gewünschten Betreibermodell

  • Liste mit ausgewählten Ladestandorten

  • Allfällige Ergänzungen / Aktualisierung der Produkte der Phase 2.1 «Machbarkeitsstudie»

Diese Phase orientiert sich an der Phase 22 «Auswahlverfahren» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112).

Kosten schätzen und Planerfolg berechnen

In dieser Phase werden mögliche Betreibermodelle (siehe Phase 1 «Rolle der Gemeinde") wirtschaftlich evaluiert. Ziel ist es aufzuzeigen, ob die Ladestandorte mit der gewünschten Rolle der Gemeinde umsetzbar sind. Dazu erhebt die Gemeinde die Kosten für Netzerschliessung und Basisinfrastruktur je Standort sowie die Kosten für Ladestationen und Betrieb.

Im Rahmen einer Planerfolgsrechnung wird geprüft, wie hoch das Ladeaufkommen und die Ladetarife sein müssen, damit ein wirtschaftlicher Betrieb der Ladeinfrastruktur über z. B. 20 Jahre möglich ist. Die Planerfolgsrechnung zeigt je Betreibermodell den Investitionsbedarf für die Gemeinde und den Ladestationsbetreiber auf. Zudem zeigt sie, welche Standortmiete oder welcher Konzessionszuschlag bei marktüblichen Preisen nötig ist, um die Refinanzierungsansprüche der Gemeinde zu erfüllen.

Standorte auswählen

In diesem Schritt priorisiert die Gemeinde die Standorte und legt sie fest. Dabei werden die Standorte vertieft geprüft, z. B. Details zu Grundstücksverfügbarkeiten und eventuellen Einschränkungen (Platzverhältnisse, Geometrie, Umnutzung bzw. Entwicklungspläne, bauliche Auflagen etc.).

Die Prüfung potenzieller Ladestandorte im Rahmen der Machbarkeitsstudie (Phase 2.1) und der Kostenabschätzung (Phase 2.2) hat aufgezeigt, welche Standorte sich aufgrund technischer oder ökonomischer Aspekte am besten für die Realisierung eignen. Die Phasen sollte die Gemeinde parallel, respektive kurz nacheinander bearbeiten, da die Auswahl der zu realisierenden Ladestandorte (Menge, Verteilung etc.) allenfalls einen Einfluss auf die standortspezifischen Ladekonzepte bzw. Dimensionierung hat und diese entsprechend anzupassen sind.

Nach Abschluss dieser Phase liegt folgendes vor:

  • Baupläne je Standort

  • Allfällige Ergänzungen / Aktualisierung der Produkte der Phase 2.1 «Machbarkeitsstudie»

  • Aufgabenteilung für die Umsetzung und Bewilligungsverfahren sind bestimmt.

Diese Phase orientiert sich an der Phase 3 «Projektierung» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112). Ihr Umfang hängt vom Detaillierungsgrad der vorgelagerten Machbarkeitsstudie und Kostenschätzungen ab und kann sich im besten Fall auf punktuelle Ergänzungen beschränken.

Baupläne erstellen

In diesem Schritt definiert die Gemeinde das Bauprojekt für jeden Standort. Dazu werden Bau- und Elektropläne erstellt, die zeigen, welche Abgänge genutzt werden, wo Elektroleitungen verlaufen, welche Dimensionen Leerrohre und Leitungen benötigen und welche Grabarbeiten erforderlich sind. Eine zentrale Rolle spielt die Werkleitungskoordination: Neue Leitungsführungen müssen mit bestehenden Leitungen (z. B. Wasser, Abwasser, Gas, Glasfaser) und anderen Elementen wie Bäumen kompatibel sein. Es ist ratsam, bereits in der vorgelagerten Phase «Kosten und Standorte» die Baupläne zu erstellen, um eine verlässliche Kostenschätzung zu ermöglichen.

Kosten detaillieren und Bewilligungsverfahren klären

Die Projektierung erlaubt es, die Umsetzungskosten detaillierter zu kalkulieren (+/-10%), falls nicht bereits in der vorgelagerten Phase «Kosten und Standorte» genügend detailliert erfolgt. Im Rahmen der Projektierung wird zudem das Baubewilligungsverfahren geklärt, welches je nach Kanton unterschiedlich ist. Die «Orientierungshilfe für Baubewilligungsverfahren von Ladestationen» zeigt auf, wie ein typisches Baubewilligungsverfahren abläuft, was es jeweils zu beachten gilt und welche Ausnahmen es gibt.

Weiter definiert die Gemeinde in dieser Phase die Aufgabenteilung für die verschiedenen Umsetzungsschritte. Diese detailliert z. B., wer für die Netzerschliessung und die Installation der Infrastruktur zuständig ist und wer die Projektleitung übernimmt.

Umsetzung

In der Umsetzungsphase bereitet die Gemeinde die Vergabe, respektive Ausschreibung vor und führt diese durch. Danach erfolgt die Realisierung der allgemein zugänglichen Ladeinfrastruktur und die Betriebsphase.

Nach Abschluss dieser Phase liegt folgendes vor:

  • Ausschreibungsunterlagen und Pflichtenheft

  • Vertrag mit den ausgewählten Ladestationsbetreibern oder dem eigenen Elektrizitätswerk

Diese Phase orientiert sich an der Phase 4 «Ausschreibung» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112).

Zu vergebende Leistungen definieren

Basierend auf der Projektierung kann die Gemeinde nun die priorisierten Ladestandorte in der jeweiligen Dimensionierung und im definierten Betreibermodell umsetzen.

Falls die Gemeinde öffentliche Parkplätze oder Flächen konzessioniert und / oder die Netzerschliessung und Basisinfrastruktur vorfinanziert, kann sie mittels einer Ausschreibung geeignete Ladestationsbetreiber für den Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur finden. Gemeinden mit eigenem Gemeindewerk, respektive eigenem Elektrizitätswerk, können auch eine Direktvergabe prüfen. Für eine Direktvergabe im Rahmen eines «Quasi-in-house-Geschäfts» müssen zwei Kriterien erfüllt sein:

  1. Kontrollkriterium: Die Gemeinde oder Stadt kontrolliert das Elektrizitätswerk.

  2. Tätigkeitskriterium: Das Elektrizitätswerk ist im Wesentlichen (mindestens 80 %) für die Gemeinde oder Stadt tätig. (Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe 2014, Art. 12 Abs. 1).

Inhalte der Ausschreibung definieren

Die Ergebnisse aus den vorherigen Phasen fliessen für die Ausschreibung in ein Pflichtenheft ein. Darunter fallen insbesondere die Wahl der konkreten Standorte, die Ladekonzepte und Dimensionierung je Standort, die Kostenschätzung für Netzerschliessung, Basisinfrastruktur und Ladeinfrastruktur (Phasen 1 – 3).

Weiter sollte das Pflichtenheft folgende Punkte definieren:

  • Anforderungsprofil an den Auftragnehmer

  • Ausschreibung der Standorte als eines oder mehrere Pakete

  • Spezielle Anforderungen an die Ladestationsbetreiber

  • Eignungs- und Zuschlagskriterien

  • Zeitplan für die Ausschreibung

Abschliessend sollte die Gemeinde die Ausschreibungsunterlagen und das Pflichtenheft juristisch prüfen lassen.

Weitere Infos in der «Kurzanleitung für Ausschreibungen von Ladeinfrastruktur in Gemeinden».

Auftrag erteilen

Nach Eintreffen der Angebote gilt es, diese formell zu prüfen und anhand der festgelegten Kriterien zu evaluieren. Anschliessend erteilt die Gemeinde einem oder mehreren Anbietern den Zuschlag und erarbeitet den entsprechenden Vertrag.

Nach Abschluss dieser Phase liegt folgendes vor:

  • Ausführungsplanung für die ausgeschriebenen Ladestandorte

  • Realisierte Ladeinfrastruktur gemäss den Pflichtenheften

  • Geprüfte Checkliste im Rahmen der Anlagenübergabe

  • Vollständige Dokumentation der Ladeanlage

Diese Phase orientiert sich an der Phase 5 «Realisierung» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112).

Was ist bei der Ausführungsplanung zu beachten?

Auf Grundlage der Baupläne wird die Ausführung geplant, einschliesslich der Erstellung von Plänen für die Baufirma. Nach der Ausschreibung definiert die Gemeinde gemeinsam mit dem Ladestationsbetreiber letzte Details, wie die Dimension der Fundamente oder die Auswahl der Ladestationsmodelle. Die Ausführungsplanung umfasst auch die Baustellenlogistik (z. B. Strassensperrungen), Signalisation und Markierungen.

Für die Umsetzung werden entweder externe Baufirmen beauftragt (auf Basis eines Leistungsverzeichnisses) oder interne Ressourcen eingesetzt.

Bei der Realisierung der Ladestandorte müssen rechtliche und administrative Anforderungen erfüllt werden. Der «Branchenstandard öffentliches Laden» gibt Mindeststandards für die Installation und den Betrieb allgemein zugänglicher Ladestationen vor. Die Gemeinde sollte zudem sicherstellen, dass der Ladestationsbetreiber Betriebsdaten an ich-tanke-strom.ch übermittelt, damit Nutzerinnen und Nutzer in Echtzeit die Verfügbarkeit von Ladepunkten prüfen können.

Muss eine allgemein zugänglichen Ladeinfrastruktur angemeldet werden?

Installationen von Ladeeinrichtungen für die Elektromobilität sind gemäss den Werkvorschriften immer anzumelden. Für das Meldewesen sind laut VSE das technische Anschlussgesuch (TAG), die Installationsanzeige (IA) sowie Sicherheitsnachweise relevant (gemäss VSE-Handbuch «Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität», 2022. Kapitel 3.1.).

Wie lassen sich Ladestandorte hindernisfrei gestalten?

Die Gemeinde sollte speziell darauf achten, ihre Ladestandorte für Menschen mit eingeschränkter Mobilität hindernisfrei zu gestaltet. Das Merkblatt «Rollstuhlgerechte Ladeplätze» zeigt, wie Ladeplätze rollstuhlgerecht zu dimensionieren, anzuordnen und auszustatten sind – sei es an allgemein zugänglichen Ladeplätzen, am Arbeitsplatz oder am Wohnort.

Welche Punkte sollte die Gemeinde bei der Übergabe der Anlage prüfen?

Bei der Übergabe der Anlage ist es sinnvoll, die Checkliste im Merkblatt «2060 Infrastruktur für Elektrofahrzeuge in Gebäuden» (SIA) (Kapitel 4 «Prüfungen») zu konsultieren, um die korrekte Ausführung der Anlage sicherzustellen.

Welche Dokumentation sollte vorhanden sein?

Gemäss SIA 2060 sollte die Dokumentation der Ladeanlage folgende Aspekte beinhalten:

  • Übersichtsplan, Lageplan

  • Elektroschaltplan

  • Produktbeschreibung (technische Dokumentation der Ladestationen)

  • Unterhaltsplanung

  • Nachweisdokumente

  • Angaben zum technischen Support

  • Konformitätserklärungen

Nach Abschluss dieser Phase liegt folgendes vor:

  • Realisierte Ladestandorte, die gemäss Betreibermodell bewirtschaftet werden.

  • Einkünfte für die Gemeinde aus der Bewirtschaftung, gemäss Betreibermodell und Vertrag mit privaten Betreibern oder dem eigenen Elektrizitätswerk.

Diese Phase orientiert sich an der Phase 6 «Bewirtschaftung» des SIA-Leistungsmodells (SIA-Ordnung 112).

Ladepunkte Instand halten

Die Bewirtschaftung der realisierten Standorte erfolgt entsprechend den im Betreibermodell definierten Rollen der Gemeinde und dem privaten Betreiber oder Elektrizitätswerk. Bewirtschaftet ein privater Betreiber die Ladepunkte, ist dieser auch für die regelmässige Instandhaltung sowie die Abwicklung der Ladevorgänge verantwortlich. Darunter fällt unter anderem die Regelung des Zugangs und die Abrechnung der Ladevorgänge. Indem die Gemeinde vom Betreiber eine Standortmiete und / oder eine Konzessionsgebühr verlangt, kann sie getätigte Investitionen refinanzieren.

Weitere Handlungsoptionen

Neben der Realisierung von allgemein zugänglicher Ladeinfrastruktur kann eine Gemeinde z. B. auch:

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Laden bei kommunalen Liegenschaften anbieten

Mehr erfahren
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Beispiele

Folgende Beispiele zeigen, wie andere Gemeinden den Ausbau der Ladeinfrastruktur erfolgreich angegangen sind und welche Erfahrungen sie dabei gesammelt haben:

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energieregionGOMS – Ladeinfrastruktur über die Gemeindegrenze hinaus geplant

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Stadt Kreuzlingen – Machbarkeitsstudie Ausbau Ladeinfrastruktur

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Stadt Luzern – Gesamtkonzept erneuerbare Antriebe in der Mobilität

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Stadt Nyon – Aufbau einer bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur

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